Wallfahrtskirche St. Rasso Grafrath
Wallfahrtskirche St. Rasso Grafrath
POI-Art: | Sehenswürdigkeit, Kirche |
Besonderheit: | Wallfahrtskirche |
Baustil: | Barock/ Rokoko |
Baujahr: | 1688-1695 / 1752/53 |
Adresse: | 82284 Grafrath, Klosterstr. 3 |
Geo: | 48.121447, 11.156453 |
Lage: | |
Parken: | P an der Kirche |
Bewertung: | 3* (von 5*****) |
Links: |
Graf Rasso (bis Mitte des 19. Jh. allgemein Graf Rath genannt), war in der Karolingerzeit ein Graf im Ammersee-Amper-Gebiet und gilt als der Begründer des späteren Geschlechts der Grafen von Andechs. Er gründete auf der damals noch Wörth genannten Amperinsel ein Kloster, erbaute hier eine erste Klosterkirche, pilgerte nach Jerusalem und nach Rom, um für seine Kirche Reliquien zu sammeln, und trat nach seiner Rückkehr als Laienmönch in sein Kloster ein.
Bereits beim Kirchenbau hatte er sich im Boden der Kirche ein Grab aus Steinplatten anlegen lassen, in dem er dann bestattet wurde. Das Grab bildet den Mittelpunkt der heutigen Kirche und befindet sich unter einer Grabplatte die von einem frühbarocken Gitter umgeben ist. Die Grabplatte wurde aber erst 1468 angefertigt (Propst Johannes Schön von Dießen ließ am 3. Juli 1468 das Grab öffnen und die Gebeine entnehmen, auf den Steinplatten des Bodengrabes ein Hochgrab aufmauern, die Gebeine wieder beisetzen und von einer neuen Rotmarmor-Deckplatte bedecken).
Anfang des 12. Jh. verlegten die Grafen Berthold II. von Andechs und Otto III. von Wolfratshausen, auf Betreiben des Bischofs Hermann von Augsburg (1096–1133) und des Erzbischofs Konrad von Salzburg (1106–1147) das Kloster von Grafrath nach Dießen, die Reliquien holten sie auf ihre Grafensitze nach Andechs und Wolfratshausen. Beides ließen sie sich 1132 von Papst Innozenz II. bestätigen.
Zum Grab des Grafen Rath setzte aber bald eine immer stärker werdende Wallfahrt ein, so dass der Ort schon im Mittelalter nicht mehr „Wörth“, sondern „St. Grafrath“ genannt wurde. Noch bis in die Mitte des 19. Jh. gehörte Grafrath neben Altötting und Andechs zu den drei großen Wallfahrtsorten Südbayerns.
Da die Kirche für die vielen Wallfahrer zu klein wurde, wurde sie oft erweitert und vergrößert, so auch 1593; der heutige Kirchenbau ist der fünfte.
Er wurde 1688 bis 1695 errichtet und gilt als ein Meisterwerk des Vorarlberger Baumeisters Michael Thumb. Der Dießener Propst Renatus Sonntag legte 1688 den Grundstein, nach Thumbs Tod 1690 erfolgte die Bauausführung durch Michael Natter.
Am Tag der Kirchenweihe am 17. Juli 1695 (vom Augsburger Weihbischof Eustachius von Westernach) wurden die Gebeine erneut auf den Hochaltar erhoben, wo sie bis heute in einem Glasschrein zu sehen sind.
In den Jahre 1752/53 erfolgte durch Johann Michael Fischer ein Umbau des Westgiebels sowie des Innenraumes im Rokokostil.
Bei den Renovierungen (außen 1983/84, innen 1995-2004), wurde weitgehend der Originalzustand von 1753 wiederhergestellt.
Der Baumeister Michael Thumb legte die Kirche nach dem von ihm entwickelten „Vorarlberger Münsterschema“ an (Grundvoraussetzung war, dass das Grab nach wie vor der Mittelpunkt des Kirchenbaues sein sollte): ein rechteckiger Saalbau zu drei Jochen, der auf der Nord- und Südseite durch zwei querschiffartige Anbauten erweitert ist. Im Schiff bilden die Anbauten zwei Seitenkapellen mit Nebenaltären, im Chor enthalten sie auf beiden Seiten eine Sakristei und darüber zum Innenraum hin offene Oratorien. Der Chor wird durch eine eingezogene runde Apsis abgeschlossen.
Außen sind die Anbauten mit Zwerchgiebeln versehen und sind durch Pilaster und ein ausgeprägtes Dachgesims deutlich gegliedert.
An der Westseite, über dem Giebel, in der Mittelachse des Langhauses, ist auf das Dach ein kleiner Dachreiter aufgesetzt, ursprünglich mit Zwiebelhaube, nach der Zerstörung durch ein Unwetter 1749 mit einem pyramidenförmigen Dach wiederhergestellt.
Die Deckengemälde des Augsburger Freskanten und Akademiedirektors Johann Georg Bergmüller (1753 sign. und bez.), stellen Stationen aus dem Leben des hl. Rasso dar: seinen siegreichen Kampf gegen die Ungarn und seinen Eintritt in das von ihm erbaute Kloster mit der Übergabe des Reliquienschatzes, den er von der Pilgerfahrt mit seiner Nichte, der Herzogin Judith aus dem Heiligen Land mitgebracht hatte. Im Chor der hl. Rasso als Fürbitter für Kranke und Notleidende.
Der Rocaillestuck mit reichen Tropfengebilden und geflammten Kämmen, durch Blütenketten und Blattwedel, Vasen und Putten auf den Gesimsen und im Gewölbe bereichert, wird den schon in Dießen tätigen Wessobrunnern Johann Georg Uebelherr (hauptsächlich Chor), Franz Xaver Feichtmayr d.Ä. und Johann Michael Feichtmayr zugeschrieben.
Am Triumphbogen Allianzwappen: links der Stadt München (die traditionelle Verbindung der Münchner Bürger zum hl. Rasso ist durch Wallfahrten und die "Grafrather Kerzenstiftung" verbürgt), rechts des kurfürstlichen Medizinalrates A. Praunschober (+1790), der das Kloster Dießen zu seinem Universalerben eingesetzt und damit die Ausschmückung von Grafrath ermöglicht hatte.
Der von der Stadt München gestiftete Hochaltar (1759) wurde von den bekannten Münchner Hofbildhauern Johann Baptist Straub und Ignaz Günther entworfen und errichtet (1765-68). Sie gestalteten den Altar als Grabdenkmal für "hl. Rasso Herzog von Bayern" (S.RASSO DUX BAVARIAE).
Über dem Tabernakel der Schrein mit den Gebeinen des hl. Rasso, flankiert von den Aposteln Philippus und Jakobus, darüber eine Gedenkstele, im Auszug der Heilige als Fürsprecher im Himmel.
Die Seitenaltäre, 1706, dem Dießener Kistler Heinrich Hett zugeschrieben, stammen noch von der ursprünglichen Barockaustattung der Kirche.
Die Altargemälde des 16. Jh. zeigen links die Geburt Christi, flankiert von Skulpturen des Kaisers Konstantin und der hl. Helena; rechts die Taufe Christi, mit Figuren der Apostenbrüder Jakobus d.Ä. und Johannes.
Die Kanzel aus Stuckmarmor mit der Allegorie der Ecclesia auf dem Schalldeckel stammt von Thomas Schaidhauf aus Raisting (1771/72).
In der Kirchenmitte, vor dem Chorbogen am ursprünglichem Ort liegt die Deckplatte des ehemals gotischen Hochgrabes des hl. Rasso von 1468, ein Werk des Münchner Steinmetzen Matthäus Haldner.
Die Seitenaltäre in den Querarmen des Kirchenschiffs wurden 1706 als Votivgaben des Marktes Dießen errichtet. Sie erhielten 1901/02 neue Patrozinien und Altarblätter von Kaspar Schleibner: links der hl. Franziskus, wie er sich seiner Ordensfamilie als geistiger Führer offenbart, rechts der hl. Antonius von Padua.
Das Orgelgehäuse von 1749, unter Einbeziehung einer Figur der Patrona Bavarie von Anfang des 17. Jh., den Orgelaufbau umgibt ein Wandgemälde von J.G. Bergmüller mit der Darstellung der hl. Cäcilia.