Wappen Ostallgäu  Kloster Irsee

 

 

 DEBYOSA1500  Kloster Irsee

 

 POI-Art: Sehenswürdigkeit, Kloster
 Besonderheit: Klosterkirche 
 Baustil: Barock
 Baujahr: 1699-1702
 Adresse: 87660 Irsee, Klosterring 8
 Geo: 47.909722, 10.575000
 Lage:

Karte

 Parken: P südöstlich des Klosters
 Bewertung: 4****  (von 5*****)
 Links:

www.kloster-irsee.de/home

www.irsee.de/kirchen-pfarreien-und-vereine/die-klosterkirche/pfarrkirche-st-peter-und-paul

de.wikipedia.org/wiki/St._Peter_und_Paul_(Irsee)

 

 

Nach der Überlieferung wurde das Kloster Irsee im Jahr 1182 mit der Errichtung einer Kapelle in der Einsiedelei des nahen Eiberg (an der Stelle der heutigen Kapelle St. Nikolaus) gegründet, das wenig später auf Betreiben des Markgrafen Heinrich von Ursin-Ronsberg von Benediktinern aus St. Georg in Isny betreut wurde.
Um 1185 wurde das Kloster in die seit 1130 verlassene Stammburg "Ursinn" auf der Anhöhe der heutigen Irseer Pfarrkirche St. Stephan verlegt. Wegen der schwierigen Wasserversorgung auf dem Burgberg ließen sich aber die Mönche bereits ab dem Jahr 1187 im Tal, am heutigen Standort des Klosters nieder und erbauten um 1190 eine erste Klosterkirche, die der Bischof Udalschalk von Augsburg am 3. Mai 1195 weihte.
In der Folgezeit entwickelte sich das Kloster durch Schenkungen und Käufe zum Zentrum eines eigenen Herrschaftsgebietes.
Nach einem Brand erfolgte 1416 der Neubau des Chors und des Turms der Klosterkirche und wohl auch der Konventgebäude.
Im Bauerkrieg 1525 wurde die mittelalterliche dreischiffige Basilika niedergebrannt und die seit 1502 neu gebauten Konventgebäude zerstört, Abt Peter Fend (1502–1533) und der Konvent waren gezwungen das Kloster zu verlassen und in den Mauern der Stadt Kaufbeuren Schutz zu suchen. Nach ihrer Rückkehr 1526 wurden die Gebäude bis 1535 wieder hergestellt.
Nach erneuten Plünderungen und Verwüstungen im Dreißigjährigen Krieg flüchteten die Mönche ins Kloster Kreuzlingen (Schweiz), wo 1633 der Kirchenschatz geplündert wurde.
1692/94 erhielt das Kloster in seinem Herrschaftsgebiet das Hochgericht und übte als offizielle Reichsabtei die volle Landeshoheit aus.

Beim Einsturz des Kirchturms am 19. Mai 1699 wurden Chor und Langhaus der Klosterkirche schwer beschädigt, daher entschied man sich zu einem Neubau, die Grundsteinlegung erfolgte am 25.8.1699.
In den Jahren 1699-1702 wurde die Klosterkirche von dem Vorarlberger Baumeister Franz II. Baer von Bleichten im barocken Stil neu errichtet. Die Kirchenweihe erfolgte am 13.10.1704.
1707–1711 wurde auch der Nord-, Ost- und Südflügel des Konventgebäudes neu errichtet. Das Sommerhaus im Klostergarten folgte 1714, der Westflügel des Konventbaus entstand nach einer Bauunterbrechung 1727–1735, die Klosterbrauerei 1748/49.
Im 18. Jh. galt Kloster Irsee unter den süddeutschen Klöstern als erste Adresse in der Wissenschafts- und Musikpflege; Pater Ulrich Weiß lehrte Mathematik, Pater Meinrad Spieß veröffentlichte mehrere umfangreiche Musikkompositionen. Das 1744 eingerichtete mathematisch-naturwissenschaftliche Museum genoss hohes Ansehen, es bildete sich ein naturwissenschaftliches Forschungs- und Studienzentrum heraus, zudem wirkten Irseer Konventmitglieder als Lehrer in anderen Klöstern und an Universitäten.

Während der Säkularisation 1802/03 wurde das Kloster aufgehoben, die ehemalige Klosterkirche als Pfarrkirche genutzt. Teile der
Ökonomiegebäude sind abgerissen worden, andere verkauft; das Kloster diente als Landgericht, Rentamts- und Wohngebäude.
Von 1849 bis 1972 wurden die ehemaligen Klostergebäude als Heil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke genutzt.
In den Jahren 1974-1981 erfolgte eine umfassende Restaurierung der Kirche und Umbau des Klosters zum schwäbischen Bildungszentrum des Bezirks Schwaben.

 

 

Das Kloster bildet eine Vierflügelanlage am Nordostrand des Ortes am Abhang des Irseebachs.
Die Klosterkirche steht nordwestlich an einem Nordosthang und ist dadurch nicht geostet, sondern leicht nach Norden geschwenkt.
Sie ist außen rund 54 m lang und in der Höhe der Querarme 25 m breit.
Es handelt sich um eine Wandpfeileranlage in der Tradition Vorarlberger Bauten. Baumeister Beer orientierte sich an Grundriss und Raum der 1686 von Michael Thumb erbauten Stiftskirche in Obermarchtal (BW, Alb-Donau-Kreis), andererseits brachte er mit der weit ausgesetzten, vielleicht von der Theatinerkirche in München beenflußten Doppelturmfassade und den dreiseitig freigelegten, stark akzentuierten Wandpfeilerköpfen im Innern sowie der "Lichtrahmenschicht", der lichtduchfluteten Abseiten der Emporen, für Vorarlberger Bauten neue, bis weit ins 18. Jh. wirkende Elemente ein.
Der wohlproportionierte und klar gegliederte Außenbau mit breiten Lisenen und doppelten Fensterreihen wird von der repräsentativen Eingangsfassade geprägt, deren Mittelteil den Kirchenquerschnitt widerspiegelt; ein Volutengiebel über einem kräftig profilierten Traufgesims schließt die Fassade ab, das Hauptportal ist in eine Ädikula mit leerer Figurennische eingeschnitten.
Beiderseits rahmen zwei weithin sichtbare, dreigeschossige Türme mit hohen, quadratischen Untergeschossen und oktogonalem Aufbau die Fassade, denen geschwungene, tief eingeschnittene Hauben aufgesetzt sind und verleihen ihr eine gewisse Monumentalität.

Im Innern ist das weite, hohe Langhaus zu fünf Jochen klar gegliedert, mit mächtiger Stichkappentonne auf einfachen Gurtbögen; das westliche, schmalere Eingangsjoch hat eine Vorhalle unter einer ausladenden Orgelempore, das östliche ist tiefer und zu einer Art Querhaus erweitert. Zwischen den kraftvollen, pilasterbesetzten Pfeilern, deren als isolierte Stücke vortretendes Gebälk selbständige, plastische Körper bildet, befinden sich mit Quertonnen überwölbte Abseiten, unter den eingestellten Emporen Kapellen.
Der eingezogene, zweijöchige Chor mit halbrunder Apsis hat ein gedrücktes Stichkappengewölbe, das zur Apsis nochmals abgesenkt ist.
Beiderseits des Presbyteriums befinden sich den Langhauskapellen entsprechende, jedoch abgemauerte Sakristeiräume, darüber den Langhausemporen analoge Oratorien.

 

 

DEBYOSA1410

Hochaltar, die Seitenaltäre und Altäre im ersten Kapellenpaar von Osten werden Johann Bergmüller, ihre figürliche Ausstattung Ignaz Hillenbrand zugewiesen.
Der prunkvolle, viersäulige Hochaltar stammt aus dem Jahr 1722; am Sockel vier Reliefkartuschen mit den Symbolen der Evangelisten, darüber großes (8 x 3,40 m) Altargemälde der Himmelfahrt Mariä von Frater Magnus Remy sowie vergoldete Figuren der Apostelfürsten Petrus und Paulus (innen) und der Ordensstifter hll. Benedikt und Scholastika (außen); im Auszug Hl. Geist im Strahlenkranz.
Kulissenartig aufgestellte Seitenaltäre am Chorbogen, ebenfalls von 1722; links Glasschrein mit den Reliquien des Märtyrers hl. Eugenius (1668 aus Rom erworben; das zugehörige, als Verschluss gedachte Gemälde befindet sich daneben an der Wand), seitlich die Figuren der Pestpatrone Sebastian und Rochus;
rechts in einer Nische die qualitätvolle, gefasste Holzfigur einer sitzenden Muttergottes um 1510/20, dem Memminger Bildhauer Christoph Scheller zugewiesen, seitlich Figuren der Rosenkranzheiligen Dominikus und Katharina von Siena.
Die Kapellenaltäre des 4. Jochs von 1725 haben Reliquienschreine der hll. Märtyrer Faustus (links, 1676 erworben) und Candidus (rechts, 1686 erworben), die zugehörigen Gemälde sind jeweils gegenüber aufgehängt; Auszugsbilder: Kreuzigung Christi und Tod des hl. Benedikt.
Die Altäre des zweiten und dritten Kapellenpaars mit Gemälden von Magnus Remy stammen um 1704;
zweites Kapellenpaar: links "hl. Antonius von Padua", im Auszug "hl. Magnus", rechts "Hl. Familie", im Auszug "Anbetung der Könige";
drittes Kapellenpaar: links "Vermählung der hl. Katharina", im Auszug "hl. Cosmas und hl. Damian", rechts "Erzengel Michael", im Auszug "hl. Ulrich und hl. Nikolaus".
Der Kapellenaltar im nördlichen Turmuntergeschoß ist um 1760 gefertigt.

Ein bemerkenswerter Teil der Ausstattung ist die originelle, um 1725 wohl von Ignaz Hillenbrand gefertigte Kanzel, die das Vorderteil eines Schiffsbuges darstellt. Sie soll an das Fischerboot des Apostels und „Menschenfischers“ Petrus, des zweiten Patrons der Kirche, erinnern. Links hängt ein Anker, das Symbol der Hoffnung, am Bugspriet eine Figur des hl. Michael, seitlich Evenaglistenreliefs.
Anstelle des Schalldeckels ist ein blaues Segel von Putten aufgezogen, dahinter ragt ein Mastbaum mit Tauwerk, Mastkorb und einem weiteren Segel in die Höhe.

Die sorgsam verteilte, ganz in weiß gehaltene Stukkaturen mit Akanthus, Fruchtgehängen, Lorbeerstäben und Laubkränzen mit eingestreuten Engelsköpfen stammen von Joseph Schmuzer, 1702/03. Es ist die erste selbständige Arbeit des Wessobrunner Meisters.
Im Bogenscheitel zwischen Chor und Apsis rahmt eine mit Akanthusranken verzierte Kartusche die Weihinschrift "Ecclesia] D[eo] O[ptimo] M[aximo] Divae Mariae Virg[ini] S[anctis] A[postolis] Petro & Paulo D[ata] D[icata] D[edicata]" (Die Kirche ist Gott, dem Allerhöchsten, der göttlichen Jungfrau Maria, den heiligen Aposteln Petrus und Paulus geschenkt, gewidmet, geweiht).
Auch die Kapitelle auf den kannelierten Pilastern, die mit Voluten und stilisierten Blättern verziert sind, sind von Schmuzer stuckkiert.
Die Gebälkstücke sind mit Blatt-, Perl- und Eierstabfriesen versehen.

Die 1702/03 von dem Irseer Laienbruder Fr. Magnus Remy gemalten Leinwandbilder der Decke gehören zu den ältesten Deckengemäldezyklen Schwabens.
Ausgehend von dem Gemälde Gottvaters im Chor ("laudatio dei", 1890 von Pfarrer Alois Stückle erneuert) reihen sich acht Bilder im Scheitel der Gewölbe hierarchisch aneinander, die auch durch ihren Wechsel in Größe und Form die Deckenzone auflockern.
Der Folge liegt die Benediktinerfassung des »Te Deum« zugrunde: im Presbyterium zwei querovale Felder mit Cherubim und Seraphim sowie mit musizierenden Engeln, im Querhaus die Apostel mit den Hll. Petrus und Paulus in Anbetung der himmlischen Glorie;
im 4. Joch: Verklärung des hl. Benedikt mit Ordensheiligen des Benediktinerordens;
im 3. Joch: die Chöre der Märtyrer, vornehmlich die hll. Eugenius, Faustus und Candidus;
im 2. Joch: Allerheiligenbild und im 1. Joch, über der Orgel, ist die Stiftung des Klosters von Markgraf Heinrich von Ursin-Ronsberg und seinen beiden Söhnen dargestellt.
In den Abseiten sind benediktinische Marienverehrer dargestellt:
im Chor: links Bernhard von Clairvaux und Ildefons von Toledo, rechts Rupert von Salzburg;
in den Querarmen: links Fulbert von Chartres, rechts Beda Venerabilis;
im Langhaus: links Meinrad von Einsiedeln und Johannes Damascenus, rechts Hermann der Lahme von der Reichenau und Petrus Damiani.
Unter den Emporen im Chor und Langhaus: die fünf Geheimnisse der Freudenreichen (nördlich-links), Schmerzhaften (westlich) und Glorreichen Rosenkranzes (südlich-rechts), im Querhaus Putten als Allegorien von Fides und Spes (Glaube und Hoffnung);
an den Emporenbrüstungen: im Langhaus 16 breitformatige, flache Gemälde mit Szenen aus dem Leben des hl. Benedikt.
Die Malereien an den Brüstungen der Chororatorien (vier Felder mit Putten, um 1730) werden Franz Anton Erler zugeschrieben.