St. Martin und Schloss Marktoberdorf
St. Martin Marktoberdorf
| POI-Art: | Sehenswürdigkeit, Kirche |
| Besonderheit: | Deckenfresken von Franz Georg Hermann |
| Baustil: | Barock |
| Baujahr: | 1732–34 |
| Adresse: | 87616 Marktoberdorf, Kurfürstenstraße 15 |
| Geo: | 47.780194, 10.621528 |
| Lage: | |
| Parken: | P vor der Kirche |
| Bewertung: | 3*** (von 5*****) |
| Links: |
Die Kirche St. Martin in Marktoberdorf wurde bereits im 8 Jh. als fränkische Reichshofkirche gegründet.
Eine romanische, vermutlich dreischiffige Pfeilerkirche mit Querhaus im Osten und einem Chor an der Stelle des heutigen Vorchores ist nachgewiesen.
Anfang des 15. Jh. wurde die Kirche, mit der Errichtung der östlichen Chorjoche und des Chorpolygons, in eine gotische Pfeilerbasilika umgewandelt.
Am 5. Oktober 1437 weihte der Augsburger Weihbischof Johann Haiterbach drei Altäre dieser Kirche: einen Choraltar zur Ehre des Martin von Tours und jeweils einen nördlichen und einen südlichen Altar.
1680 wurde der Turm durch Hans Gannebacher um die unteren oktogonalen Geschosse erhöht; die Zwiebelhaube von 1722 ist bei einer zweiten Erhöhung 1769
wiederverwendet worden.
1730 beantragte der damalige Pfarrer Joseph Endres einen Neubau der Kirche, die Pläne dazu lieferte der aus Marktoberdorf stammende Baumeister Johann Georg Fischer. Der aufwändige Bau ist 1732-1734 durch Joseph Halbritter und Paul Bienz unter Verwendung der Chormauern neu errichtet worden.
Die Kirchenweihe erfolgte am 28. September 1738 durch den Augsburger Generalvikar und späteren Weihbischof von Eichstätt Johann Adam Nieberlein.
1823 ist über dem Grab des Kurfürsten Clemens Wenzeslaus von Sachsen am Ostchor eine Kapelle angebaut worden.
1856–1858 wurde das Innere im klassizistischen Stil umgestaltet, wobei man lediglich den farbigen Stuck weiß übermalt hatte. 1936/37 wurde der Zustand der Erbauungszeit wiederhergestellt.
In den Jahren 2004–2008 ist eine Außen- und Innenrenovierung durchgeführt worden, die im September 2008 abgeschlossen war.
Die Kirche St. Martin steht östlich oberhalb der Stadt, weithin sichtbar auf dem Schlossberg.
Es ist ein sehr breiter Saalbau zu vier Achsen mit ausgerundeten Ecken, doppelter Westempore und weitgespannter, korbbogiger Stichkappentonne über flacher Pilastergliederung, ein charakteristischer Bau Johann Georg Fischers.
Der eingezogene, quadratische Vorchor wurde durch Fischer in einen Zentralbau nach dem Vorbild Johann Jakob Herkommers verwandelt; seine Pedentifkuppel wird von kraftvollen Rundbogen über dreifach gestuften und mit Pilastern besetzten Wandpfeiler getragen.
Der leicht eingezogener Altarraum hat eine Stichkappentonne; der dreiseitige Chorschluss hinter der Sockelzone des Altars wurde in einen Sakristeiraum umgestaltet.
Das Innere bietet gute Lichtverhältnisse durch doppelte Fensterreihen; unten große rundbogige, oben hochovale Fenster; im Vorchor dreiteilige Halbkreisfenster in der Tradition Herkommers, das südliche als Blendfenster gestaltet.
Die quadratischen, wohl noch aus dem 14. Jh. stammenden Untergeschosse des kräftigen Turms am südlichen Choransatz haben Kleeblattbogenfriese.
Unmittelbar am Chorscheitel befindet sich die 1823 zur Erinnerung an den hier beigesetzten Augsburger Fürstbischof Clemens Wenzeslaus von Sachsen (1768-1812) errichtete Grabkapelle. Es ist ein oktogonaler Zentralbau mit Pilastergliederung und Klostergewölbe unter einem halbkugelförmigen Dach.

Der bühnenartige, im geschwungenem Aufbau aufgelöste Hochaltar stammt von Leonhard Fischer aus dem Jahr 1747. Er grenzt den Chorraum gegenüber der dahinterliegenden Sakristei ab: Zwischen den vier Säulen eine Kalvarienbergszene mit freistehenden, lebensgroßen Holzfiguren von Joseph Stapf: in der Mitte das Kreuz mit Engeln, seitlich Maria und Johannes; das Gemälde im Hintergrund mit Maria Magdalena und den Schächern malte um 1790 Johann Nepomuk Eberle; im Auszug geschnitzte Glorie des hl. Martin; über den seitlichen Sakristeidurchgängen befinden sich Reliefs der Apostelfürsten.
Vor der Chornordwand steht ein Epitaph für den letzten Augsburger Fürstbischof Clemens Wenzeslaus (+1812) mit klassizistischem Aufbau und Portraitbüste, von dem Münchener Hofbildhauer Joseph Kirchmayer, 1815.
Die kleinen schräggestellten Choraltäre von 1785 haben ebenfalls Gemälde von Johann Nepomuk Eberle: links hl. Ulrich, rechts hl. Johann Nepomuk.
An den Pfeilern des Vorchors befinden sich bewegte Figuren der hll. Joachim und Anna, Antonius von Padua und Johann Nepomuk, um 1735, von Anton Sturm (ehem. an den Seitenaltären).
Die straff aufgebauten Seitenaltäre mit verschieden hohen Säulenpaaren von Dominikus Bergmüller (um 1735) haben Altargemälde von 1752, wohl von Johann Georg Wolcker: links Muttergottes als Rosenkranzkönigin über dem Ort Marktoberdorf, im Auszug hl. Dominikus; rechts hl. Katharina von Alexandrien, im Auszug hl. Franz Xaver.
Die Kanzel, um 1735, hat am runden Korb eine Statuette des Salvator Mundi und vergoldete Blumenvasen.
Unter der Westempore befindet sich ein Taufstein aus Stuckmarmor, um 1733 von Abraham Bader.
Von Abraham Baader aus Wessobrunn stammen die reichen, zart getönten Laub- und Bandelwerkstukkaturen mit frühen Muschelformen und Puttenköpfen.
Am Chorbogen befindet sich in einer Stuckkartusche das Chronogramm: CrVCIfIXI et DIVI MartInI honorIbVs (Zu Ehren des Gekreuzigten und des hl Martin = 1733).
Die gleichzeitigen Fresken mit dem Hauptthema "Verherrlichung des Kreuzes" malte der Kemptener Hofmaler Franz Georg Hermann:
im Altarraum: Eherne Schlange und das Wasserwunder des Moses;
im Vorchor: Gnadenstuhl mit Maria, hl. Martin und zahlreichen Heiligen, in den Pedentifs Kirchenväter;
im Langhaus: Kreuzauffindung der hl. Helena und Schlacht an der Milvischen Brücke;
über der Empore: Kreuzerhöhung.
Die Apostelbilder in stark variierten Kartuschen im Langhaus stammen von Balthasar Riepp aus Kempten.

Bereits 1424 wurde ein Sitz eines Propstes des Fürstbischofs von Augsburg auf dem Marktoberdorfer Schlossberg zum ersten Mal urkundlich erwähnt.
Fürstbischof Heinrich von Lichtenau (1505-1517) ließ ein Jagdschloss neu errichten. Auch Kaiser Maximilian I. begab sich mehrmals von da auf die Jagd. 1598/99 wurde es stark erweitert.
Diese Anlage wurde 1722 abgerissen und Fürstbischof Alexander Sigismund von Pfalz-Neuburg, beauftragte den einheimischen Baumeister Johann Georg Fischer mit einem Neubau, der 1723-1728 durch Joseph Halbritter und Paul Bienz ausgeführt wurde.
1761/62 fand eine Erhöhung und Umgestaltung des Zwischentrakts und Ausbau des Nordflügels unter der Leitung von Franz Xaver Kleinhans und Benedikt Nigg statt.
Nach der Säkularisation diente das Schloss als Wohnsitz des letzten Augsburger Fürstbischofs, Clemens Wenzeslaus von Sachsen, der am 27. Juli 1812 hier starb.
Seitdem diente es als Sitz mehrerer Behörden: ab 1819 des Oberdorfer Rentenamtes, 1820 des Landgerichts, 1861 des Bezirksamts, 1864 der Vermessungsbehörde, 1876 Präparandenschule, von 1923 bis 1967 war das Landratsamt hier untergebracht.
Am 5. Oktober 1967 brach bei Schweißarbeiten auf dem Dachboden ein Brand aus, der den Dachstuhl des Süd- und Westflügels vollkommen zerstörte.
Seit der Wiederherstellung 1984 ist das Schloss Sitz des Vermessungsamts und der Bayerischen Musikakademie.
Das Marktoberdorfer Schloss steht in beherrschender Lage auf der Anhöhe südlich neben der Pfarrkirche; mit dieser war es bis 1824 durch einen 1736 errichteten, hölzernen Gang verbunden.
Es ist eine unregelmäßige Vierflügelanlage zu drei Geschossen mit Fenstern in geohrten Rahmen und abgewalmten Dächern.
Während das Kellergeschoss des langgestreckten Südflügels wegen der Hanglage hervortritt, ist der zurückspringende Zwischenflügel im Nordwesten
nur mit den beiden Obergeschossen sichtbar.
In der Mittelachse der Westfront befindet sich ein von gequaderten Pilastern gerahmtes, rundbogiges Hauptportal; darüber zwischen Volutengiebelstücken von großer, weiblicher Maske bekrönter Wappenstein des Erbauers, Fürstbischof Alexander Sigismund von Pfalz-Neuburg (1690-1737).
Über dem einfachen Portal des Ostflügels sind Wappenkartuschen des Vollenders, Fürstbischof Joseph, Landgraf von Hessen-Darmstadt (1740-1768) angebracht. An der Außenseite des Zwischenflügels sind ehemals offene, heute zugesetzte Arkaden angefügt, hofseitig Blendarkaden.
Unter dem Garten des Schlosses befindet sich ein 1996 erbauter unterirdischer Konzertsaal der Bayerischen Musikakademie.