St. Michael Bertoldshofen
St. Michael Bertoldshofen
| POI-Art: | Sehenswürdigkeit, Kirche |
| Besonderheit: | Eine der bedeutendsten barocken Landkirchen der Region |
| Baustil: | Barock |
| Baujahr: | 1729–31 |
| Adresse: | 87616 Bertoldshofen, Glockenweg 6a |
| Geo: | 47.784581, 10.660475 |
| Lage: | |
| Parken: | in den Seitenstraßen |
| Bewertung: | 3*** (von 5*****) |
| Links: |
Der Ort Bertholdshofen, 1265 erstmals urkundlich erwähnt, ging nach und nach in den Besitz des Hochstifts Augsburg über.
Anfang des 14. Jh. verwalteten die Herren von Fraß auf einer Burg oberhalb Bertoldshofen die Güter des Augsburger Fürstbischofs.
Eine Ortskirche bestand schon, als Bertholdshofen am 01.10.1443 von Altdorf abgekoppelt und selbständige Pfarrei wurde.
Der mittelalterliche Kirchenbau wurde 1680/85 wohl durch Augustin Stickl durchgreifend umgestaltet.
Nach der Gründung einer Antoniusbruderschaft zur Verehrung des hl. Antonius in Padua 1684 entwickelte sich eine blühende Wallfahrt.
Im Jahr 1720 schlug ein Blitz in den Turm ein und zerstörte auch einen Großteil der Kirche, daraufhin wurde mit der Planung eines
Um- bzw. Neubaus begonnen.
Johann Ulrich Julius, der neue Pfarrer von Bertoldshofen (Porträt an der Decke des Oratoriums), verstand es, die Spendenbereitschaft der Wallfahrer und Mitglieder der Antoniusbruderschaft (1737 zählte die Bruderschaft 20.000 Mitglieder, darunter 350 Adelige und Geistliche) zu nutzen und Geld für den neuen Kirchenbau zu sammeln. Er wollte den Neubau nach dem Vorbild der Grabkirche des hl. Antonius in Padua aufführen.
Dazu begab er sich, zusammen mit dem Marktoberdorfer Baumeister Johann Georg Fischer auf eine Studienreise nach Italien.
Wegen der doch beschränkten finanziellen Mittel mussten der Plan allerdings deutlich reduziert werden, so dass nur noch die Konstruktion der Kuppeln an das italienische Vorbild erinnert.
Johann Georg Fischer lieferte 1727 den endgültigen Entwurf, mit einem Angebot von 6000 Gulden. Am 15.01.1729 erhielt Fischer den Zuschlag.
Die Ausführung wurde Fischers Parlier (Polier) Paul Bienz übertragen, der örtliche Bauführer war Thomas Windt. Sie vollendeten den Bau 1731.
Aus Kostengründen wurden der Turm und die Umfassungsmauern von Langhaus und Chor wieder verwendet. Eine neue Sakristei und zwei Seitenkapellen wurden angebaut sowie das Langhaus mit einer Gruftkapelle um Unterbau nach Westen verlängert.
Bereits 1733 konnte der Bauherr die erste Messe im Kirchenraum feiern. Die Weihe erfolgte erst am 5. Oktober 1738.
Die Gesamtkosten beliefen sich aber bis zur Fertigstellung des Innenraumes im Jahr 1741 auf insgesamt 14264 Gulden.
1870 restaurierte die Gemeinde die Pfarrkirche. Der Außenbau wurde 1979/89 und 2002 saniert. Die Instandsetzung des Innenraumes erfolgte 2001.
Die ehemalige Wallfahrtskirche St. Michael in Bertholdshofen gilt als eine der bedeutendsten barocken Landkirchen der Region.
Sie liegt auf einer niedrigen Anhöhe in der Ortsmitte und wird vom Gemeindefriedhof umgeben.
Im kreuzförmigen Grundriss verbinden sich Lang- und Zentralbau zu einem wirkungsvollen barocken Raumkunstwerk, das durch die reichen Laub- und Bandelwerkstuckaturen und farbigen Fresken noch zusätzlich aufgewertet wird.
Das kurze dreiachsige Langhaus wird von einer flachen Ovalkuppel überspannt. Über der durch pilasterbesetzte Gurtbogen ausgeschiedenen Vierung und dem eingezogenen, durch Doppelpilaster gegliederten Chor wölben sich freskierte Kuppeln mit Laternen; auch die Seitenkapellen sind mit kleineren und niedrigeren Kuppeln überwölbt.
Die 5 Kuppeln, in der Dachkonstruktion verborgen, wurden auf Wunsch des Bauherren in Anlehnung an das Vorbild von S. Antonio in Padua errichtet.
Nördlich über der Sakristei befindet sich ein flachgedecktes, geräumiges Oratorium, im Westen des Langhauses eine Doppelempore.
Der durch Pilaster und Rundbogenfenster rhytmisch und farbig gegliederte Außenbau hat zwei variierte Schaufassaden:
Im Norden die Sakristei und die Seitenkapelle, beide unter Volutenhalbgiebeln, sind zu einem breiten, weithin sichtbaren Schaufront zusammengefasst, aus deren vorspringenden Mittelrisalit der hohe Turm mit Oktogon und Laternenhaube emporsteigt.
Westlich vor dem Unterbau mit der Gruftkapelle befindet sich ein halbrunder Treppenturm; darüber dreiteiliges, von Johann Jakob Herkommer (dem Onkel und Lehrers des Baumeisters) beeinflusstes Halbkreisfenster und lebhaft geschwungener Volutengiebel.
Im Süden die schmale Giebelfassade des Kapellenanbaus.
Unter dem Westteil des Langhauses befindet sich die Gruftkapelle, ein Rechteckraum von drei zu zwei Jochen mit ausgerundeten Ecken, über Pfeilern in der Mitte und an den Wänden und mit einem lebensgroßem Kerkerchristus, um 1730/40, Ignaz Hillenbrand zugewiesen.

Der Hochaltar und die Kapellenaltäre stammen von Leonhard Fischer, die Seitenaltäre wohl von Matthias Schäffler; Die Bildhauerarbeiten aller Altäre hat Ignaz Hildebrand gefertigt.
Hochaltar um 1736 mit lockerem, gestaffeltem Säulenaufbau und Gemälde des hl. Michael um 1870.
Am Pilaster seitlich vor dem Hochaltar befindet sich ein Grabstein von 1558 für Pfarrer Leonhard Brentzing (+1573), mit reliefierter Büste, bez. L.B.
Die schräg am Choreingang stehenden Seitenaltäre sind von 1733/34 und entsprechen dem Hochaltar; die Altargemälde malte Andreas Mayr:
links hl. Johann Nepomuk, 1872, mit Seitenfiguren der hl. Franz Xaver und des hl. Ignatius;
rechts hl. Antonius von Padua, 1871, mit Figuren des hl. Franziskus und des hl. Bonaventura.
Die Kapellenaltäre stammen von 1736/37, die Auszugsbilder ebenfalls von Andreas Mayr, um 1871/72:
nördlich: Seitenfiguren der hl. Ottilia und hl. Notburga im Auszug Christi Geburt;
südlich: Figuren des hl. Joachim und hl. Anna, im Auszug Tod des hl. Joseph.
Die Kanzel auf der Epistelseite (rechts, wie in Klosterkirchen des 18. Jh. üblich) schuf Gottlieb Dopfner um 1733, die Statuetten Ignaz Hillenbrand:
am Korb Christus und die Apostelfürsten Petrus und Paulus, an der Rückwand Evangelistensymbole,
auf dem Schalldeckel der Erzengel Michael als Seelenwäger und Putten als Allegorien der vier Erdteile.
Von den gleichen Künstlern befindet sich gegenüber ein mit Putten und Engeln besetztes Kanzelpendant mit dem hl. Antonius von Padua.
Der Orgelprospekt entstand 1736/37. Das teilweise erhaltene Orgelwerk Georg Ehingers von 1736/37 wurde 1978/79 überarbeitet und restauriert.
Die vorzügliche Wesobrunner Laub- und Bandelwerkstukkaturen sind Werke von Ignaz Finsterwalder, 1730-1733; am Kuppelansatz der Kapellen Vogelpaare (nördlich) und Blumenkörbe (südlich).
Der umfangreiche Freskenzyklus mit kompliziertem ikonografischem Programm wird der Gemeinschaftsarbeit von Anton Wenzeslaus Haffe und Matthias Wolcker, 1733 zugeschrieben (lt. einigen Quellen starb aber Haffe, der Schwiegervater von Wolcker, bereits am 20. März 1732):
im Chor: Engelschöre mit den Erzengeln Michael, Raphael und Gabriel sowie Schutzengel, in Grisaille alttestamentarische Szenen; an der Wänden Putten
mit den Symbolen der Kardinalstugenden, südlich im Wappenfeld Attribute weiterer Tugenden; an der Brüstung des Oratoriums Opfer des Alten und Neuen Bundes, an der Decke ungewöhnliche Darstellung der Kirche in Gestalt eines Papstes als Bezwinger der "Irrlehrer" Luther, Zwingli, Calvin und Hus, seitlich örtliche Pfarrherren;
in der Vierung: Verherrlichung der hll. Antonius von Padua und Johannes Nepomuk und Szenen aus ihrem Leben;
im Langhaus: Taufe Jesu; in den Medaillons der Fensterbekrönungen Kinder;
an den Emporenbrüstungen: unten Hl. Drei Könige als Bischöfe und 14 Nothelfer, oben die hll. Samson, Vedastus, Martin und Carodocus;
am Rand aller Kuppeln Kartuschen mit Heiligen, an den Pedentifs Apostel;
in den Kapellen: nördlich: Szenen aus dem Marienleben, Evangelisten und Putten mit marianischen Symbolen;
südlich: Leben des hl Joseph, Kirchenväter und Putten mit den Attributen der göttlichen Tugenden.